Türchen 21

Rausgehen und den Geschichten der Natur lauschen

Das Jahr geht vorüber und es wird Zeit, zurückzublicken. Welche neuen Facetten hat das Leben uns dieses Jahr aufgezeigt? Welche Faszination haben wir entdeckt? Was haben wir gelernt? Was hat uns begeistert?

Ich bin dieses Jahr einigen Personen begegnet, die eine Faszination vereint: Naturwissen und Naturbeobachtungen. Das waren Leute, die sich mit Vögeln auskannten, mit Bäumen, mit Schmetterlingen, Wildkräutern oder Pilzen. Kennengelernt habe ich sie bei Naturschutzeinsätzen, an der Uni und im WWF Junior Camp, in dem ich Betreuerin war. Ich habe gemerkt: diese Menschen haben eine Freude an Natur, an Arten, an dem Wissen, das sie über Tiere, Pflanzen oder Wiesen und Wälder haben, die mich inspiriert.

Doch was genau ist daran so reizvoll?

Eigentlich Studentin der Geisteswissenschaften, hatte ich diesen Sommer durch ein kleines Forschungsprojekt in meinem Nebenfach die Möglichkeit, mich an einem Tagfalter-Monitoring zu beteiligen. Meine Gruppe hatte die Aufgabe, in den Sommermonaten einmal pro Woche zu einer Wiese zu fahren, die zu einer traditionellen Streuobstwiese renaturiert werden soll. Dort haben wir beobachtet, welche Schmetterlinge wie häufig die Wiese frequentieren. So möchten wir herausfinden, ob sich die Biodiversität auf der Wiese erhöht, denn Schmetterlinge sind dafür ein guter Indikator. So habe ich also einige Schmetterlings-Arten und ihre Charakteristiken kennengelernt.

Seit diesem Projekt habe ich ein anderes Auge für Schmetterlinge. Ich freue mich, wenn ich welche sehe, möchte sie mir genauer ansehen, bin stolz, wenn ich sie einer Familie zuordnen kann. Kennt ihr das, dass ihr einer Sache plötzlich viel mehr Aufmerksamkeit schenkt oder Bedeutung beimesst, sobald ihr sie benennen könnt? Plötzlich taucht diese Sache überall auf.

Die hübschen kleinen Bläulinge sind im Sommer auf den Wiesen zu finden.

Sich von der Natur faszinieren zu lassen, ist nicht schwer. Bei einem der diesjährigen WWF Jugend Naturschutzeinsätzen waren wir im Wald und an einem Fluss unterwegs und in kurzer Zeit haben wir viele spannende Beobachtungen gemacht. Weit oben im Stamm eines Baumes sahen wir Wespen, die in eine verlassene Spechthöhle eingezogen sind. Wir haben Pilze gefunden, an denen schon andere Waldbewohner geknabbert haben. Und die Vögel machten uns zu Zuschauer:innen eines Theaterstücks, das von Liebe, Hinterlist und den schönsten Gesangstimmen handelte. Eine Freundin sagte dann: „Was so schön daran ist, rauszugehen und seine Umgebung bewusst wahrzunehmen, ist, dass man mit Geschichten belohnt wird. Geschichten, die die Natur erzählt.“

© Lena Chiari An diesem Pilz hat wohl schon ein Mäuschen geknabbert.

Naturwissen und Artenkenntnis lassen einen eine neue Verbindung zu seiner Umgebung spüren. Wenn eine Wiese plötzlich nicht mehr einfach nur als Gras erscheint, sondern man Schafgarbe, Klee und Wiesen-Flockenblume darin erkennt, dann wird die Welt bunter, schöner und schützenswerter. Passend dazu hat Rachel Carson einmal geschrieben:

„Die Annahme scheint mir vernünftig, dass je klarer wir unsere Aufmerksamkeit auf die Wunder und die Realitäten des uns umgebenden Universums richten können, desto weniger Zerstörungslust empfinden werden.“

Die Naturverbindung zu stärken ist einer der wirksamsten Hebel für den Schutz der Umwelt.

Die lila blühende Wiesen-Flockenblume ist eine beliebte Nahrungsquelle für Bienen, Hummeln, Schwebfliegen und Schmetterlinge.

Ich glaube, was am Kennenlernen von Arten auch Spaß macht, ist, dass es eine Sammelleidenschaft erweckt. Jede neue Art ist wie ein Eintrag in ein mentales Notizbuch.

Es macht auch Spaß, Menschen, mit denen man unterwegs ist, ein Wildkraut zu pflücken, weil man gelernt hat, dass es essbar ist. Es macht Spaß, Beeren, Pilze, Früchte oder Kräuter zu sammeln – natürlich immer mit Rücksicht auf die Tiere des Waldes.

© Lena Chiari Die Samen, die aus den Kapseln des indischen Springkrauts springen, sind essbar.

Gleichzeitig merke ich, wie viel es noch zu entdecken und zu lernen gibt und dass man damit auch nie fertig wird. Das schüchtert mich ein. Wo beginnen? Und wie darüber lernen? Denn so richtig Lust darauf, mich zuhause mit einem Bestimmungsbuch zuhause hinzusetzen, habe ich nicht.

Deshalb sind hier drei Ideen, wie man seine Naturbeobachter:innen-Rolle üben kann:

  1. Einfach rausgehen

Egal, ob in der Stadt oder auf dem Land – überall kann man zur Naturbeobachter:in werden, indem man seine Aufmerksamkeit auf die Lebewesen lenkt, mit denen man sich seine Umwelt teilt. Um die Geschichten wahrnehmen zu können, ist es gar nicht nötig, jede Art bestimmen zu können. Genauer hinzuschauen und sich Zeit zu nehmen, genügt schon, um einen Ausflug zu einer Naturexkursion zu machen.

  1. Die naturgucker Akademie

Die naturgucker Akademie ist ein Angebot des NABU. Auf der Website artenwissen.online registriert, hat man die Möglichkeit, an zahlreichen interaktiven online Kursen teilzunehmen und sich durch Videos und Quizze zu klicken. So wird man spielerisch zur Expert:in für die heimische Tierwelt!

  1. Die WWF Jugend Naturschutzeinsätze

Auch nächstes Jahr werden wieder an verschiedenen Orten deutschlandweit Naturschutzeinsätze der WWF Jugend statt. Diese Einsätze stärken die Naturverbindung immens. Nicht nur, dass man in der praktischen Arbeit einen Beitrag zum Naturschutz leistet. Bei den Einsätzen trifft man außerdem immer auf Leute, die einen für Naturthemen zu begeistern wissen und die eine Menge Naturwissen mitbringen, von denen man also viel lernen kann.

Seid ihr schon Naturbeobachter:innen?

Eine Story von: Johanna

Johanna schreibt ehrenamtlich für die WWF Jugend Community. Sie ist im Redaktions- und Aktionsteam. Auch du kannst hier mitmachen – melde dich gerne bei uns.