Fressen oder gefressen werden: Strategien zur Täuschung und Tarnung (Fantastische Fakten)

Jedes Tier – sofern es nicht gerade das Ende einer Nahrungskette bildet – steht mehr oder weniger vielen Fressfeinden gegenüber. Und nur wenige Arten können sich in einen Lebensraum zurückziehen, in dem sie vor Fressfeinden sicher sind. Für die meisten Tiere ist es daher überlebensnotwendig, sich zu schützen und Strategien wie Mimikry oder Mimese zu entwickeln, um nicht gefressen zu werden.

Welche Strategien Tiere dabei anwenden, erfährst du in dieser Story.

So schützen sich Tiere

Welche Möglichkeiten gibt es also für Tiere prinzipiell, um sich vor Fressfeinden zu schützen? Auch wenn sie dabei ganz unterschiedlich vorgehen, gibt es für Tiere im Grunde nur eine begrenzte Anzahl an Möglichkeiten:

  • Rückzug, sofern ein sicherer Lebensraum vorhanden und erreichbar ist
  • Fliehen, d.h. über große Schnelligkeit zu verfügen, klein und wendig sein
  • Sich aktiv verteidigen, drohen und aggressiv verhalten (z.B. durch Geräusche, Stechen)
  • Passive Abwehr durch mechanische Mittel (wie z.B. Panzer, Stacheln) oder chemische Mittel (wie z.B. Gift)
  • Optische Verfahren, indem das Äußere an die Umgebung angepasst wird (Mimikry, Mimese). Hierbei nimmt ein Tier ein Aussehen an, das Fressfeinde abschreckt oder verhindert, dass es gesehen wird

Die optischen Verfahren zum Schutz vor Fressfeinden sind besonders gut erforscht, Hier gibt es vier verschiedene Arten: Mimikry, Mimese, Umgebungstracht und Abwehrtracht.

Im Folgenden stelle ich sie euch näher vor.

ein schwarz-gelb gestreiftes Insekt sitzt auf einer roten Mohnblume
Sobald sie schwarz-gelb gestreift sind, werden auch harmlose Insekten für gefährlich gehalten. / © Katja Fissel, pixabay.com

Mimikry

Stell dir vor, du siehst ein gelb-schwarz-gestreiftes Insekt und es fliegt in deiner Nähe. Was denkst du sehr wahrscheinlich? „Eine Wespe, Hilfe, sie sticht mich gleich!“

Doch oft handelt es sich dabei gar nicht um eine Wespe, sondern um andere, ganz harmlose Tiere ohne Stachel. Doch mit ihrer auffälligen Färbung hat das Insekt genau das erreicht, was es wollte: Es möchte, dass andere es für eine gefährliche Art halten und von Abstand nehmen.

So sollen z.B. Vögel abgehalten werden, das Insekt zu fressen. Denn für Vögel sind Fliegen lecker, von Wespen dagegen lassen sie ab, weil sie nicht mit deren Gift in Kontakt kommen möchten.

Denn gefährliche Arten haben oft eines gemeinsam: Sie sind auffällig gemustert, ihr Farbe gleicht einer Warnung (deswegen spricht man auch von einer sogenannten Warntracht). Mögliche Feinde erkennen die Gefahr schnell und meiden das entsprechende Tier – und wenn andere Arten dieses Farbmuster übernehmen, profitieren sie davon. Mimikry hat sich im Laufe der Evolution entwickelt und bietet einen Überlebensvorteil.

Zusammengefasst bedeutet Mimikry also: Eine harmlose Art ahmt die Gestalt, Farbe oder die Bewegung einer anderen, aber giftigen bzw. ungenießbaren Art nach. Das Ziel ist es, andere Lebewesen abzuschrecken, manchmal aber auch, sie anzulocken (z.B. eine Blüte, die nach Aas riecht und damit Fliegen anlockt).

In diesem Video von Planet Schule findest du eine Zusammenfassung und Beispiele bei Schmetterlingen (Dauer 3 Min, Sprache: deutsch, Untertitel verfügbar):

Mimese

Blätter, die sich nicht im Wind bewegen? Die krabbeln? Nicht ganz. Denn auch wenn es auf den ersten Blick wie in Blatt oder ein Stock aussieht, kann sich dahinter etwas ganz anderes verbergen. Im Laufe der Zeit haben einige Insekten nämlich eine ganz besondere Strategie entwickelt: Ihr Körper gleicht dem Blatt ihrer Wirtspflanze oder einem Zweig so sehr, dass man das Tier praktisch nicht erkennen kann. Damit die Tarnung funktioniert, muss das Tier allerdings eine ganze Weile still sitzen und darf sich nicht oder nur äußerst langsam bewegen.

Und es werden sogar unbelebte Objekte wie z.B. Steine nachgeahmt. Das täuscht insbesondere Fressfeinde, die sich bei der Jagd in erster Linie auf optische Eindrücke verlassen und ihre Beute nicht am Geruch oder an einem Geräusch erkennen können. Denn wenn sie keine Beute sehen, gibt es offenbar auch keine. Mimese ist eine ziemlich geniale Strategie, oder?

Mimese bedeutet also: Ein Tier macht die Gestalt, Farbe und Haltung eines Teils in seinem Lebensraum (ein Stock, Blatt, Stein, …) perfekt nach und ist für Feinde nicht mehr von der Umgebung zu unterscheiden – und so sicher(er) vor Fressfeinden.

eine Gespenstschrecke auf einem Stück Holz. Das Tier sieht aus wie ein Ast
Was auf den ersten Blick aussieht wie ein Ast, ist in Wirklichkeit ein Tier. / © Wikimedia Commons

Tiere, die Mimese betreiben, sind z.B. Stabheuschrecken und Spannerraupen. Sie sehen wie kleine Äste oder Zweige aus. Aber auch Gespenstschrecken, Ameisengrillen oder Fangschrecken sind Meister der Tarnung.

Der Begriff „Mimese“ kommt übrigens aus dem Griechischen (mimesis) und bedeutet so viel wie Nachahmung zur Tarnung.

Umgebungstracht

Stell dir vor, der Raum in dem du gerade bist, ist völlig weiß gestrichen, Alle Möbel sind weiß. Und du stellst dich, völlig weiß gekleidet, vor die weiße Wand. Vor diesem Hintergrund wärst du schlecht zu sehen – vor einem andersfarbigen dagegen umso besser.

Diesen Fakt nutzen auch einige Tiere, um sich zu tarnen. Bei der sogenannten Umgebungstracht passen sich Tierarten perfekt an ihre Umgebung an. Der Unterschied ist, dass sie ihre Farbe immer wieder verändern können, um sich an wechselnde Umgebungen anpassen zu können.

Zu den Meistern dieser Technik gehören z.B. manche Krakenarten, Plattfische oder bestimmte Schnecken, aber auch das für seine Anpassungsfähigkeit bekannte Chamäleon.

Die Umgebungstracht hat, wie die Mimese, den Vorteil, dass Fressfeinde, die sich primär auf optische Eindrücke verlassen, ihre Beute nicht entdecken können. Denn genau das ist das Ziel.

Einige Krakenarten können z.B. innerhalb kürzester Zeit ihre Körperfarbe wechseln und an ihre Umgebung anpassen. Auch Plattfische können die Farbe des Meeresbodens annehmen, über dem sie sich gerade aufhalten. Und nicht nur das: Sie können sogar die Struktur des Sandbodens in ihrer Färbung nachahmen.

eine Krake, die sich farblich an den Meeresboden unter ihr angepasst hat
Einige Krakenarten können sich farblich an den Meeresgrund anpassen – eine gute Tarnung! / © Martin Str, pixabay.com

Bei einigen Schnecken läuft die Tarnung etwas anders: Sie nutzen Farbstoffe, die sich in ihrer Nahrung befinden. Verspeisen sie z.B. grüne Pflanzen, verfärbt sich ihr Körper grün, bei Rotalgen rot. Aber auch das schützt sie vor ihren Fressfeinden und ist eine Form der Umgebungstracht. Ganz schön praktisch!

Abwehrtracht

Brüllende Schmetterlinge? Jein. Natürlich haben Schmetterlinge keine Stimme und können nicht wirklich brüllen. Doch was geschieht, wenn jemand, egal ob Mensch oder Tier, brüllt? Die Augen sind weit geöffnet, der Mund ebenso. Das Gegenüber erschrickt. Und genau diese Technik wenden auch Schmetterlinge an, nur eben ohne Laute.

Um zu „brüllen“, spreizt der Schmetterling seine Flügel weit auseinander. Normalerweise, wenn der Schmetterling ruhig auf einer Blüte sitzt, ist die Unterseite zu sehen: Diese Seite ist oft bräunlich gemustert und dient eher der Tarnung. Ganz anders aber auf der Oberseite, die zur Abwehr zum Einsatz kommt: Hier befinden sich leuchtende Farben und Muster. Viele Schmetterlinge haben „Augen“, die an die Augen von Säugetieren erinnern. Ein Beispiel hierfür ist das Abendpfauenauge und viele andere Schmetterlingsarten.

ein grau-brauner Nachtfalter sitzt auf einem Baumstamm, die Flügel sind geöffnet und 4 "Augen" sichtbar
Das Nachtpfauenauge hat „Augen“, mit denen es Fressfeinde abschreckt. / © Onkel Ramirez, pixabay.com

Diese Farbgebung hat sich im Laufe der Evolution entwickelt und dient dem Schmetterling als Schutz und Abwehr von Feinden. Mit seinen weit geöffneten Flügeln kann er Feinde so „anschreien“, dass diese erschrecken und lieber schnell das Weite suchen. Und sich auf eine andere Beute konzentieren.

Anders ausgedrückt kann man unter Abwehrtracht also das plötzliche „Anstarren“ und „Anbrüllen“ des Feindes mit auffälligen Zeichnungen und Farben verstehen.

Quellen

ARD: „Planet Schule: So brilliant sind Tiere und Pflanzen“, unter https://www.youtube.com/watch?v=73g_v-ltby8 (Zugriff am 10.12.2025)

Focus online: „Mimikry und Mimese: Bedeutung und Unterschied“ vom 13.7.2023, unter https://praxistipps.focus.de/mimikry-und-mimese-bedeutung-und-unterschied_115901 (Zugriff am 10.12.2025)

„Tarnen und Täuschen im Tierreich“, in: Marion von der Kammer „Training Deutsch: Grundwissen Deutsch 8. Klasse“, Stark-Verlag, S. 113-115

Bildquelle Ctenomorpha Chronus: Wikimedia Commons, unter https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/64/Ctenomorpha_chronus02.jpg/440px-Ctenomorpha_chronus02.jpg (Zugriff am 10.12.2025)

Stephanie Steppacher auf einem Trike

Stephanie

Artikel: 201