10 Jahre danach: Was wurde aus dem 1,5°C-Ziel von Paris?

12. Dezember 2015: Die Welt verabschiedet einen neuen Klimavertrag. Dem Vertrag ging ein zähes Ringen voraus, doch am Ende verpflichteten sich die Staaten zu ehrgeizigen Klimazielen.

So sollte nicht nur die maximale Erwärmung auf „deutlich unter 2°C, möglichst auf 1,5°C“ begrenzt werden, sondern bis 2050 auch weltweite Klimaneutralität erreicht werden.

Seitdem sind 10 Jahre vergangen. Was wurde aus dem Ziel von Paris? Wo steht die Klimapolitik heute?

Blick aus der Vogelperspektive über Hochhäuser und Straßenzüge zum Eiffelturm Paris
Dezember 2015: Die Welt schaut nach Paris / © Alexander Kagan, unsplash.com

Paris 2015 – ein historischer Moment

Es sind emotionale Bilder, die auf den Fernsehbildschirmen weltweit zu sehen sind: Drei Hammerschläge, Menschen die klatschen und jubeln, sich in die Arme fallen.

Noch nie ist es gelungen, dass alle Staaten der Welt gemeinsam ein Klimaabkommen besiegeln und sich auf ein ehrgeiziges Ziel einigen: Die Begrenzung der Erderwärmung, und zwar soll der Temperaturanstieg bis 2100 deutlich unter 2°C, idealerweise sogar bei maximal 1,5°C liegen. Als Vergleichswerte dienen dabei die Temperaturen von 1850.

Parallel dazu wurden noch weitere Ziele vereinbart: Die Staaten sollen sich besser an die Folgen der Klimakrise anpassen können. Dazu werden Staaten im globalen Süden durch Staaten des globalen Nordens finanziell, technisch und durch Wissensaustausch unterstützt. Gleichzeitig sollen auch Finanzströme weltweit umgelenkt und klimafreundlich investiert werden.

Dieses Video gibt dir einen kurzen Überblick über das Klimaabkommen von Paris (Dauer 2:20, deutsche Sprache, Untertitel zuschaltbar):

Eigenverantwortung statt globale Vorgaben

Es wurde vereinbart, im Abstand von 5 Jahren die Wirksamkeit und den Stand der Klimaschutzmaßnahmen zu analysieren. Dazu erstatten sich die Staaten gegenseitig Bericht. Das soll die Umsetzung transparent machen.

Die Staaten setzen ihre nationalen Klimaschutzbeiträge und Maßnahmen selbst fest („Nationally Determined Contributions“). Diese müssen jedoch alle 5 Jahre gesteigert werden.

Dieses Verfahren ist neu. Denn seit der Klimakonferenz von Kyoto galt: Klimaverträge definieren ein globales Ziel und schreiben den Ländern vor, wie viele Emissionen sie ausstoßen dürfen.

Nicht so im Abkommen von Paris. Es gibt zwar ein globales Ziel, die Länder entscheiden aber selbst, welchen Beitrag sie leisten, wie sie Emissionen reduzieren und wie dieses Ziel erreicht werden soll. Das macht Sinn, denn die Länder sind sehr unterschiedlich und was in einem Land erfolgreich ist, kann in einem anderen Land keine oder nur geringe Wirkung entfalten.

Und über die gegenseitigen Berichte und Best-Practice-Beispiele sollten die Länder voneinander lernen und sich austauschen. – So die Theorie.

Ein Solarpark mit mehreren Reihen Solarpanels auf einer Rasenfläche
Die Länder entscheiden selbst, welche Ziele sie sich setzen und wie sie diese erreichen. / © Andreas Gücklhorn, unsplash.com

Wie ging es weiter?

Die Klimakonferenz von 2018 in Kattowitz in Polen baute auf dem Pariser Abkommen auf. Dort wurde u.a. festgelegt, wie der CO2-Ausstoß einheitlich gemessen werden soll.

Kurz vor der Klimakonferenz in Kattowitz gab der IPCC zudem einen Sonderbericht heraus. Darin wurde untersucht, welche Unterschiede es zwischen 1,5°C und 2°C Erwärmung geben würde und in welchem Umfang die Emissionen sinken müssten, um das Ziel zu erreichen. Das Ergebnis: Um die Erwärmung unter 1,5°C zu halten, müsste der CO2-Ausstoß zwischen 2010 und 2030 um 45% sinken, ab 2050 müsste er bei Null liegen.

Die Realität sieht dagegen anders aus: Der globale CO2-Austoß steigt auch nach dem Abkommen von Paris weiter.

Um einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ging es dagegen erst bei der COP28 im Jahr 2023. Doch aus einem Ausstieg mit Enddatum wurde damals lediglich eine „Abkehr“.

Eine Ölplattform im Meer
Erst 2023 wurde über einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verhandelt. / © Zach Theo, unsplash.com

Auf der anderen Seite ging es aber auch voran: Erneuerbare Energien sind zur billigsten Stromquelle geworden, über 60 Länder weltweit haben Klimaneutralität im Gesetz verankert, Unternehmen investieren viel Geld in grüne Technologien.

Die Technologien und das Wissen existieren. Es fehlt lediglich an Konsequenz, Mut und Durchsetzungsvermögen auch für vielleicht unpopuläre Maßnahmen.

1,5°C versus 2 °C

Viele Menschen fragen sich: 1,5°C oder 2°C, da ist ja gerade einmal ein halbes Grad Unterschied. Das wird doch wohl nicht so viel ausmachen?

Doch weit gefehlt. Zwischen einer 1,5°C wärmeren Welt und einer 2°C wärmeren Welt im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung liegen deutliche Unterschiede. Die Risiken, Kosten und Auswirkungen der Klimakrise wären bei 2°C Erwärmung bedeutend höher.

Die folgende Gafik zeigt den Unterschied:

Die Grafik zeigt die Klimarisiken bei 1,5°C versus 2°C Erwärmung.
© WWF Deutschland

Kipppunkte

Aber es gibt noch einen weiteren Grund: Im Klimasystem gibt es bestimmte Kipppunkte. Das sind Stellen im weltweiten Klimasystem, die an einem gewissen Punkt der Klimaveränderung in einen anderen, neuen Zustand kippen können, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Zu den Kipppunkten zählen z.B. die Permafrostböden, der Amazonas-Regenwald, das Grönländische und Antarktische Eisschild und einige mehr. Nicht bei allen Kipppunkten lässt sich die „Kipptemperatur“ exakt voraussagen. Was aber klar und sicher ist: Bei einer 2°C wärmeren Welt werden mehr Kipppunkte erreicht und das Risiko für unumkehrbare Klimaänderungen ist deutlich größer als bei einer Erwärmung um 1,5°C.

Eine kleine Siedlung mit bunten Häusern am Rande eines Berghangs, im Hintergrund schneebedeckte Flächen
Das Grönländische Eisschild ist einer von mehreren Kipppunkten im Klimasystem. / © Rod Long, unsplash.com

Wo stehen wir heute?

Inzwischen sind 10 Jahre vergangen. 10 Jahre, in denen die globale Durchschnittstemperatur weiter gestiegen ist. Die letzten 10 Jahre waren allesamt Rekordjahre. 2024 war das erste Jahr seit Beginn der Messungen, in dem die globale Durchschnittstemperatur 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau lag. Ein Jahr mit Waldbränden, Überschwemmungen und Hitzewellen.

Und wie die Temperatur, erreichten auch die globalen Treibhausgasemissionen 2024 einen neuen Höchststand. Statt zu sinken, steigen die Emissionen weiter.

Und 2025? Auch dieses Jahr blieb die Kehrtwende aus. Die globalen THG-Emissionen sind weiter gestiegen (vermutlich um 1,1% gegenüber 2024 auf 38,1 Millionen Tonnen CO2e), die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre wird voraussichtlich einen neuen Rekord erreichen.

Setzen sich die Emissionen auf diesem Niveau weiter fort, wird das verbleibende CO2-Budget, das mit dem 1,5°C-Ziel vereinbar wäre, noch vor 2030 aufgebraucht sein. In weniger als 5 Jahren. Das hat eine internationale Forschergruppe der Uni Exeter ermittelt.

„Angesichts der weiter steigenden CO2-Emissionen ist es nicht mehr realistisch, die globale Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten“ sagt Pierre Friedlungstein von der Uni Exeter.

Statt auf eine Erwärmung von maximal 1,5°C steuern wir laut Umweltprogramm der UN aktuell auf eine Erwärmung von 2,8°C zu. Aber immerhin: vor dem Abkommen von Paris steuerte die Welt auf eine Erwärmung von 5°C zu.

Wenig Ambitionen

Die Länder sind nachlässig, was die Berichte anbelangt und noch nachlässiger, welche Ziele sie sich setzen. Eigentlich hätte z.B. gerade die EU ihren Plan vorlegen müssen, wie sie die Klimaziele bis 2035 erreichen möchte – die Frist hat sie jedoch verstreichen lassen.

Die freiwilligen Selbstverpflichtungen der Staaten sind zu wenig ambitioniert und reichen nicht aus, die Erderwärmung wirklich zu begrenzen.

Es wird immer noch zu viel Kohle, Gas und Öl verbrannt, trotz 30 Jahre gemeinsamer Klimapolitik gelangt noch immer so viel CO2 in die Atmosphäre wie noch nie.

Inzwischen stellen sich jedoch immer mehr Gerichte auf die Seite des Klimas: Erst im Juli 2025 hat z.B. der Internationale Gerichtshof in Den Haag festgestellt, dass die Staaten verpflichtet sind, gegen den Klimawandel vorzugehen und das 1,5°C-Abkommen von Paris einzuhalten.

Eine Statue von Justitia mit verbundenen Augen und einer Waage in der Hand
Wo Staaten versagen, helfen immer öfter Gerichte nach. / © Tingey Injury La Firm, unsplash.com

Fazit

Das Abkommen von Paris war und ist ein Meilenstein in der internationalen Klimapolitik. Es legt fest, wohin die Welt steuern sollte. Doch seitdem ist zu wenig passiert und die Maßnahmen, die Erwärmung auf unter 1,5°C, selbst auf unter 2°C zu begrenzen, sind zu wenig ambitioniert.

Aktuell trifft sich die Welt wieder zu einer Klimakonferenz. Es bleibt abzuwarten, ob die COP30 in Belem, Brasilien echte Fortschritte liefern wird. Jedes Zehntel Grad weniger Erwärmung ist wichtig.

Hoffnung gibt, dass in den letzten Jahren 35 Länder ihre Emissionen reduzieren konnten, während das Wirtschaftswachstum dieser Länder gleichzeitig gestiegen ist. Zudem hat sich die Abholzung der Wälder durch umweltpolitische Maßnahmen weltweit stark verringert.

Luftaufnahme eines dichten, grünen Waldes, durch den sich ein Fluss schlängelt
Das gibt Hoffnung: Die Abholzung der Wälder geht zurück. / © Ivars Utinans, unsplash.com

Quellen

WWF Deutschland: „Internationale Klimapolitik“, unter https://www.wwf.de/themen-projekte/klimaschutz/klimapolitik-international (Zugriff am 15.11.2025)

WWF Deutschland: „Was hat Paris mit der Arktis zu tun?“ vom 16.9.2020, unter https://www.wwf.de/themen-projekte/klimaschutz/klimapolitik-international/was-hat-paris-mit-der-arktis-zu-tun (Zugriff am 15.11.2025)

Tagesschau: „#kurzerklärt: Was ist das Pariser Klimaabkommen wert?“, Beitrag vom 3.12.2018 unter https://www.youtube.com/watch?v=wQAXB9InW3M (Zugriff am 15.11.2025)

WWF Deutschland: „Umsetzung des Pariser Klimaabkommens“ vom 5.1.2023, unter https://www.wwf.de/themen-projekte/klimaschutz/klimapolitik-international/internationale-verhandlungen-in-der-klimapolitik (Zugriff am 15.11.2025)

WWF Deutschland: „5 Jahre Paris: Kein Anlass zum Feiern“ vom 11.1.2021, unter https://www.wwf.de/themen-projekte/klimaschutz/fuenf-jahre-paris-kein-anlass-zum-feiern (Zugriff am 15.11.2025)

Utopia: „Klimabericht: 35 Länder konnten ihre Emissionen reduzieren bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum“ vom 13.11.2025, unter https://utopia.de/news/klimabericht-35-laender-konnten-ihre-emissionen-reduzieren-bei-gleichzeitigem-wirtschaftswachstum_874798/ (Zugriff am 15.11.2025)

ZDF/Winnie Heescher: „ZDF heute: 10 Jahre nach der Klimakonferenz von Paris“ vom 6.11.2025, unter https://www.zdfheute.de/video/heute-in-europa/zehn-jahre-nach-klimakonferenz-in-paris-100.html (Zugriff am 15.11.2025)

Extremwetterkongress 2025: „Klimakonferenz: 10 Jahre Pariser Klimaschutzabkommen – eine Bilanz“ vom 24.9.2025, unter https://extremwetterkongress.org/ewk2025/klimapressekonferenz-10-jahre-pariser-klimaschutzabkommen-eine-bilanz/ (Zugriff am 15.11.2025)

Bürger-Energie Lüdenscheid eG: „10 Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen: Ein Überblick zur aktuellen Klimasituation“ vom 10.9.2025, unter https://bel-eg.de/10-jahre-nach-dem-pariser-klimaabkommen-ein-ueberblick-zur-aktuellen-klimasituation/ (Zugriff am 15.11.2025)

Ökumenisches Informationszentrum e.V. Dresden/Georg Clauß: „10 Jahre Paris: Ein Klima-Versprechen, das wir jetzt einlösen müssen“ vom 3.7.2025, unter https://www.infozentrum-dresden.de/10-jahre-paris-ein-klima-versprechen-das-wir-jetzt-einloesen-muessen/ (Zugriff am 15.11.2025)

Nau media: „10 Jahre Pariser Klimaabkommen: Fortschritte nicht ausreichend“ vom 8.11.2025, unter https://www.nau.ch/politik/international/10-jahre-pariser-klimaabkommen-fortschritte-nicht-ausreichend-67063386 (Zugriff am 15.11.2025)

Focus Online/Vera Stary: „Mehr Erfolge als man denkt: Der große Klima-Check – Was die Welt geschafft hat – und wo die Gefahr lauert“ vom 6.11.2025, unter https://www.focus.de/earth/weltklimakonferenz/10-jahre-pariser-klimaabkommen-der-liste-der-erfolge-und-gefahren_fa13df24-96b1-4def-9997-f384f5c5c436.html (Zugriff am 15.11.2025)

Grafik „Klimarisiken: 1,5°C vs. 2°C Erderhitzung“, Copyright WWF Deutschland, unter https://www.wwf.de/fileadmin/_processed_/9/3/csm_220307_FEELING_THE_HEAT_REPORT_D-1250_7d86bcc893.jpg (Download am 15.11.2025)

Stephanie Steppacher auf einem Trike

Stephanie

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